Waldi bei Uncle Sam
Was unser Waldi in den USA so treibt...
Freitag, 1630 Uhr ich habe schon seit
eineinhalb Stunden Feierabend. Das ist
doch immerhin etwas. Freitags ist um
1500 Schluss. Für mich heisst das
auch, das ich die ersten 3 Tage in mei-
ner neün Heimat überstanden habe.
"Hello America, here I am!" Na ja,
ganz so überschwänglich hat es nicht
getönt, als ich am Mittwoch am Flug-
hafen in Atlanta aus dem Flugzeug ge-
stiegen bin. Es ist halt schon nicht ein-
fach, die gewohnte Umgebung und
alle Freunde und, wie wenn das nicht
genügen würde, auch noch das herzal-
lerleibste rund 6000 km entfernt zu-
rückzulassen. Ist es doch diesmal nicht
ein kurztrip, sondern für eine längere
Zeit, können es doch gut und gerne 3
Jahre werden. Aber daran mag ich gar
nicht denken, gell, Goldfisch...!
Der Flughafen Atlanta: 5 Terminals und
das Hauptgebäude, über eine U-Bahn
verbunden. Gottseidank, mit meinem
Fuss wäre dies ein unüberwindbares
Hindernis gewesen und ich wäre am
Flughafen bereits gescheitert. Die Ein-
reise war kein Problem, der Immigra-
tion Officer freundlich, nur das ich na-
türlich im Detektor schon wieder hän-
gen geblieben bin. Bereits in Zürich
durfte ich in die Kabine. Zwei mal Piep-
sen ist einfach zu viel. Verdammt,
Zippo vergessen. Das war in Zürich.
Aber in Atlanta schon wieder? Dabei
habe ich doch diesmal alles aus den
Taschen genommen, inkl. Zippo. Ich
möchte mich an dieser Stelle ganz
herzlich bei Chregi S. bedanken für die
schöne Bogetegugger-Plakette.
Du kriegst nich Geld von mir, hast
schliesslich nicht einmal eine Plakette
von mir gekriegt und das ist mir nicht
recht. Aber Dir sollte nicht recht sein,
das ich wegen Dir zwei mal in der Si-
cherheitskontrolle
hängengeblieben
bin!!! Ich habe doch beim besten
willen nicht mehr an die Plakette in der
Jackeninnentasche gedacht...
Nachdem ich nun alle Hürden über-
wunden hatte und offiziell als Alien
(ehrlich!) in den USA anerkannt bin,
stehe ich nun also bei den Car-Rent
Schaltern.Alleine...Viele werden abhe-
holt, aber ich? Abgemacht wars ei-
gentlich, aber keine genaü Zeit und
schon gar nicht WO. Ich hab einfach
angenommen, am selben Ort wie das
letzte mal. Das hat sich dann auch be-
wahrheitet, aber erst eine 20 Minuten
später. Mein Boss persönlich hat sich
bemüht, mich abzuholen. Er bringt
mich in mein Hotel (verdammt, diese
Amis können einfach nicht Autofah-
ren), wo ich die nächsten paar Tage
wohnen werde, bis ich ein Apparte-
ment gefunden habe. Er lässt mich
zwei Stunden ruhen und auspacken,
bevor wir dann essen gehen.
Also verhungern tut man hier be-
stimmt nicht.Totmüde (es ist erst 2000
Uhrà 0200 MEZ) falle ich ins Bett und
penne durch ohne auch nur kurz um
0400 aufzuwachen. 10 Stunden am
Stück. Ich habe doch schon im Flieger
7 Stunden gepennt. Habe ich da was
aufzuholen, Goldfisch?
Der Mittwoch steht im Zeichen von
Vorstellung und einrichten. Ich habe
ein ca 5x5m grosses Büro für mich al-
leine, während sich die anderen ein
Grossraumbüro teilen, wo sie, ameri-
katypisch, in 2x2 Meter grossen Kabi-
nen sitzen. Ich muss mich wohl lang-
sam daran gewöhnen, Chef zu sein. Ich
stelle einfach fest, zum telefonieren
braucht man in den USA einen Doktor-
titel. Und neu Schreibmaschineschrei-
ben muss man auch lernen. Haben wie
oder die eine falsche Tastatur? Sollte
also irgenwann mal ein y auftauchen
wo ein z sein sollte, dann liegts ev. an
der Tastatur.
Am Mittwoch erhalte ich auch meinen
Miet-Focus,
welchen ich vorläufig
fahre, bis ich ein Auto gefunden habe.
Abends nimmt mich David, unser Fi-
nanz und Personalchef, mit an ein Jazz-
konzert. Ist zwar nicht ganz mein Mu-
sikstil, aber besser als nichts, resp. ein
abend im Hotelzimmer.
Der Donnerstag gehört weiterhin dem
Einarbeiten und etwas dem Arbeiten.
Ich kann mich jetzt schon fast Ami
nennen, habe ich doch jetzt auch ein
Bankkonto und mein eigenes Chek-
kheft. An diesem Abend bin ich "zu
Hause", nachdem ich vorher noch kurz
bei Carmax, einem "Gebrauchtwagen-
einkaufszentrum" über Preise und an-
gebot schlau gemacht habe.
Den heutigen Freitag habe ich weitge-
hend alleine verbracht, es gibt schon
Arbeit für mich. Nach dem Mittages-
sen habe ich doch schon fast wieder
den Weg ins Geschäft nicht mehr ge-
funden, wie gestern auch schon. Ver-
dammt sind die Strassen hier kompli-
ziert. Ich werde mir dringend einen At-
las zulegen müssen. Jetzt mache ich
mich dann auf den weg, die Georgia-
Mall zu suchen, offenbar eines dieser
Superlativeinkaufszentren in Amerika.
Ich denke mal, es lässt sich leben hier.
Zumal ich bereits einen laden gefun-
den habe, wo es RedBull und Smirnoff
Ice gibt. Also werde ich doch auch
nicht verdursten!
In dem Sinne, viele Grüsse in die
Schweiz und bis dann dann!
"Hier gibt es Smirnoff und RedBull,
Amerika ist doch noch cool. Vielleicht
kommt aber dann die Wende bereits
nach'm ersten Wochenende...?"
2. Teil
Turbulente eineinhalb Wochen liegen
hinter mir. Viele neü Erfahrungen habe
ich gemacht und mein eigenes Appar-
tement habe ich auch. Beinahe wie in
meinen Träumen: Grosses schmiedeei-
sernes Tor, welches sich per Fernbedie-
nung öffnen lässt, lange Auffahrt, viele
Bäume und anderes grün, Fitnessraum
und Swimmingpool. Nur bin ich halt
nicht grad alleine auf diesem Anwe-
sen, es leben noch etwa 500 andere
Personen da. Aber davon ist nicht viel
zu spüren.
Wohnungssuche ist eigenlich so ziem-
lich das einfachste hier. Es sind hier im-
mer gleich so ganze Appartement-
Siedlungen, welche auch immer gleich
über ein eigenes Leasingbüro (jawohl,
Wohnungen werden hier geleast) ver-
fügen. Das heisst, einfach so ein bis-
schen durch die Landschaft gondeln,
da wo es einem gefällt anhalten und
im Büro nachfragen, ob irgend etwas
frei ist. Und meist haben sie dann et-
was frei. Das wird einem gezeigt, dann
wird mit einem Haufen rückzahlbaren
und nicht rückzahlbaren Deposits um
sich geworfen und wenn die Konfusion
komplett ist, dann wird man erst mal
um einen Check fürs freihalten des Ap-
partements gebeten. Ich muss aller-
dings zugeben, das mir die Leute im-
mer sehr geholfen haben. So erschien
es jedenfalls. Bewährt hat sich jeden-
falls die Geschichte mit dem frisch ein-
gereisten Schweizer, der halt noch
nicht so mit den Gegebenheiten in den
USA vertraut ist. Als Pluspunkt im zur
Zeit doch ach so patriotischen Amerika
hat sich meine Bomberjacke mit den