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Enduro-Training  Ardèch

 

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Schlachtschiff im Gelände

Nach einer langen Vorgeschichte und einem aus terminlichen Gründen missglückten Versuch im letzten Jahr, findet das OFF ROAD-Training des Africa Twin Club Schweiz vom 8.-11. Mai 1997 in der Ardèche statt. Also los, nicht länger zu Hause rumsitzen, sondern den Koffer packen und ab die Post.

Für diejenigen, welche die 350 km ab Genf nicht am Donnerstagvormittag abspulen wollten, bot sich die Möglichkeit sich der Equipe von Bruno, Chrige, László und Rolf anzuschliessen. Diese trafen sich am Mittwochabend um 19.00Uhr in der "La Gruyère", mit dem Tagesziel die Nacht in einem Formule 1-Hotel in der Region von Lyon zu verbringen und den Rest zum Kursort, der Hotelanlage "Vacanciel Domain d’Imbours", am nächsten Tag unter die grobbesohlten Räder zu nehmen.
Gesagt, getan! Nur wollte das Wetter auf dieser ersten Etappe nicht so Richtig wie wir wollten und so montierten wir noch vor Genf auf dem Pannenstreifen die Regenkluft und fuhren weiter. Zeitweise goss es so stark, dass die Fahrt nach Lyon eher einem Blindflug glich. Dennoch waren wir gegenüber den Auto’s bevorteilt, besteht doch mit einem Michelin Desert auf der Felge keine Gefahr von Aquaplaning. Patsch nass, Fahrer und Gepäck ausgenommen, stellten wir unsere Afi’s auf den Parkplatz des "Formule 1" und der Check-In via VISA-Karte funktionierte wie am Telefon versprochen. Einmal mehr konnte so der Beweis angetreten werden, dass es kein schlechtes Wetter gibt, sonder nur unzweckmässige Kleidung. Hier in Lyon mussten wir feststellen, dass wir in der Schweiz an einem ruhigen Ort leben, der von Kriminalität noch nicht viel mitbekommen hat. Wie sonst lässt sich erklären, dass der Tankstellenwart hinter einer nicht mehr ganz intakten Panzerglasscheibe sitz und der an die Tankstelle angegliederte Shop nach 22.00Uhr nur noch via "Bankschalter" Waren verkauft.

Früh am Morgen des 8. Mai starteten wir zum restlichen Stück und führen via Montélimar nach Larnas zum offiziellen Treffpunkt. Heute war das Wetter auf unserer Seite und wir wurden nur vom Schwitzen etwas feucht, schliesslich war es warm und die Strecke recht kurvig.

Die Truppe des Africa Twin Club SchweizIm  "Vacanciel Domaine d’Imbours" angekommen, trafen wir auch den Rest der "Afrikaner". Es standen nun 14 Africa-Twins auf dem Platz vor dem Hotel. Nach der Begrüssung durch Dany Wirz und einem Welcome-Drink aus der eigenen Flasche, bezogen wir unsere Hotelzimmer und trafen die letzten Vorbereitungen für das erste Briefing.
Zu unseren Vorbereitungen auf den Kurs gehörte auch das "Umrüsten" der Afi’s auf Offroad-Betrieb. Dies beschränkte sich jedoch  auf das Abschrauben von so teuren Sturzteilen wie Sozius-Fussrasten, Rückspiegel (vor allem der rechte, der am Hauptbremszylinder eingeschraubt ist) und dem reduzieren des Luftdruckes auf Hinten ca. 1.5 bar und Vorne ca. 1.8 bar. Weniger Luft  geht einfach nicht, denn sonst schlägt unser Schlachtschiff mit einem Leergewicht von über 230kg im Gelände nur noch durch.

Schon war es Zeit für die eigentliche Begrüssung aller Kursteilnehmer durch Dany Wirz. Er nutzte diese Gelegenheit um seine Instruktoren vorzustellen. Spätestens da wurde uns klar, dass wir garantiert etwas lernen wüürden, denn die Instruktoren gehören oder gehörten zur Créme de la Créme der europäischen Offroad-Szene. Neben Dany Wirz selbst wollten Jens Scheffler, Walti Streuli, Roland Fabien, Eric Marti, Kurt Odermatt uns ihr Können weiter geben. Uns als HONDA-Piloten gefiel vor allem die Verpflichtung der Dakar-Teilnehmerin Isabelle Jommini, welche nach ihrem Unfall zum ersten mal wieder im Gelände unterwegs war. Auch beeindruckte uns das Können von Wheely-King Marc Deforel, welcher immer noch den Weltrekord im Vorderradfahren mit Serienmotorrädern hält. Nicht auslassen möchten wir auch den vorbildlichen Reparatur- und Unterhalts-Service welcher von Werni ausgezeichnet betreut wurde. Dany verlor noch ein paar Worte über die verschiedenen Möglichkeiten, die sich in seinem Gelände boten und so war schon bald die ganze Schar der Enduristen in handlichen Gruppen eingeteilt und es konnte losgehen.

Dany Wirz liess es sich nicht nehmen und führte uns zuerst auf einen leichten Enduro-Ausflug in die nähere Umgebung, um uns und die Möglichkeiten unseres Gefährtes besser kennen zu lernen. Nach einer abwechslungsreichen Fahrt über breite und schmale Wege, welche logischerweise grösstenteils ungeteert waren, folgte der Abstecher zu. Hill-Climbing-Parcours. Dort angekommen, demonstrierte uns Dany mit seiner Dominator, wie man diesen Hang hochfährt und wir demonstrierten ihm, wie an einer Africa-Twin in Minutenschnelle der Vorderradschlauch gewechselt wird, Thomi hatte sich bei der letzten Auffahrt einen Platten geholt. Fast  so schnell wie Dany den Hang hinauf und wieder hinunter gefahren iwar, hatten wir in Teamarbeit den Schlauch gewechselt. Die Fahrt ging weiter durch die wunderbare Landschaft der Ardèche. Nach einer mehr psychologisch schwierigen Abfahrt auf einem Wanderweg, ging es doch auf einer Seite den Berg hinauf und auf der anderen Seite steil hinunter, erreichten wir ein Flussbett. Schon waren mehrere Africa-Twin’s im Bachbett und pflügten alles um, was ihnen vor die Räder kam. Irgend wann wurde der grobe Schotter dann doch zu tief, Rolf Grun, alias "Little Buddah", liess seine Afi kurz baden. Dass dabei an seinem robusten Gefährt nichts kaputt gegangen ist, versteht sich von selbst. Bald waren alle auf ihre Kosten gekommen, wir kehrten ins Camp zurück und Dany schlug in vor, all jene die noch nicht genug haben, sollten doch mit auf die "Grosse Runde" mitkommen. Diese in einfachem Gelände angelegte Enduro-Runde machte uns durch seine feuchte Steinplatten ein wenig zu schaffen, doch wollte nur Rolf Meister seine Twin hinschmeissen. Einen ganz besonderen Reiz für uns hatte aber der "Tisch", welcher sich im ersten Viertel der Runde befand. Diese Passage, die eigentlich nur im Überfahren eines Wasserreservoirs besteht, verlangte von uns allen etwas Mut ab. Je länger wir auf der Runde waren, desto mehr Vertrauen hatten wir auch zu unserem Gefährt und so wurden unsere Zeiten auch immer schneller. Mit zum Teil beängstigenden Schräglagen bei den Drift’s, immerhin schlitterten da mehr als 300kg um die Ecken, und Tempi jenseits von 120km/h auf der Geraden tobten wir uns so richtig aus. Und so musste es dann auch kommen, dass Andi Lenherr sich auf dem "Table" etwas zuviel vornahm. Andi liess das Gas ein wenig zu lange stehen und setzte zwar sehr schön auf dem Hinterrad auf dem Tisch auf, doch übernahm von nun an seine Afi das Sagen. Nach den vier Meter auf dem Tisch war Andi immer noch auf dem Hinterrad und so musste die Abfahrt schief gehen. Nach der unsanften Landung, bei der Andi, als Judoka das einstecken gewöhnt, von seiner besten Begleiterin einige Schläge einstecken musste, gönnte er sich ein kurzes Time-out. Schadenbilanz: neben einem vom Knie eingedrücken Tank, einem abgebrochenen Kupplungsgriff sowie einer zerbrochenen Frontscheibe machte seine Twin einen einwandfreien Eindruck. Andi hingegen weniger, er lag etwas benommen am Boden un wollte sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an seine spektakuläre Einlage erinnern. Trotz Integralhelm verbiss sich Andi beinahe in der Frontscheibe seiner Afi und holte sich so eine blutige und dicke Oberlippe und einen leichten Brummschädel. Ansonsten hatte er weder Prellungen noch Schürfungen, der guten Schutzausrüstung sei Dank. Einen Check, durch den von Alice organisiertem Arzt brachte nichts weiteres zu Tage und so war Andi am nächsten Tag wieder mit von der Partie.   Eine Lehre zogen wir alla daraus, noch am selben Abend, hatte keine der "Affi’s" mehr eine Frontscheibe.

Nach dem Apéro an der Bar und dem Nachtessen, sah man die meisten Kursteilnehmer schon bald wieder an der Bar, es wurde zwischen allen Teilnehmern so richtig "Benzin geredet". Dabei zeigte sich, dass zwar einige der anderen Enduristen zuhause auch eine Afi haben, diese aber nur auf der Strasse einsetzen.

Rolf Grun belastet die Federelemente seiner Afi auf's ÄussersteAm nächsten Morgen, nach einem ausgiebigen Stretching vor dem Frühstück, war für uns Technik-Training angesagt. Jens führte uns auf eine andere, einfache aber übersichtliche Cross-Piste und brachte uns die diversen fahrerischen Kniffs und Trick’s bei. Der leicht feuchte Untergrund erwies sich dabei als ideal, konnten wir doch so auf eine vorzügliche Traktion vertrauen und die Schlenker in der Kurve blieben grösstenteils aus. Konstruktive Kritik von Jens durfte jeder von uns einstecken, denn wir sassen meist zuviel auf unseren Motorrädern anstatt in den Rasten zu stehen. Aber auch das lernten wir noch und Jens hatte die grösste Mühe uns von der Springerei abzuhalten. Irgendwann resignierte er und instruierte uns halt auch bei den Sprüngen.Bruno im Gelände

 

 

 

 

 

 

 

StauNach dem Mittagessen, das für uns mit dem Motorrad angereisten nicht aus der Kühlbox kam, machten wir einen weiteren Enduro-Ausflug in die Ardèche. Fabien, unser heutiger Guide, zeigte sich als zwar wortkarger, aber sehr kundiger und schneller Führer. Nach zahlreichen Kilometern auf Schotterstrassen, notabene ohne einmal ein Fahrverbotsschild gesehen zu haben, waren wir alle müde und reif für den verdienten Feierabend. Nach der Dusche trafen wir uns wieder an der Bar und nach dem Nachtessen war nach der Video-Analyse wiederum gemütliches Beisammensein angesagt.

Am Samstag war für uns ein Ganztagesausflug vorgesehen, doch Jens konnte uns alle davon überzeugen, dass wir zuerst noch eine Stunde Techniktraning machen sollten. Wir waren einverstanden und auf der nun abgetrockneten Piste knüpften wir an die Erfolge des Vortages an. Hier zeigte sich, dass eine ausgefahrene, trockene Cross-Piste mehr mit einer feuchten Betonplatte gemeinsam hat als mit Gelände und so rutschten uns die Twin’s beinahe in jeder Kurve unter dem Hintern weg. Als Verstärkung von Jens war auch Marc mit von der Partie und demonstrierte uns, dass man mit einer Africa Twin in diesem Gelände noch schneller unterwegs sein kann. Aber auch von ihm kamen mehrheitlich lobende Worte. Wir nahmen frohen Mutes unseren Tagesausflug unter die Räder. Unser heutiger Führer, der Besitzer der Pisten auf dem Gelände, hat sich für uns einen Ausflug über diverse Feld- und Feuerwehrsträsschen in der weiteren Region. Auch hier hob Thomi, an zweiter Stelle Liegend, auf einmal die Hand und zeigte so einen weiteren technischen Defekt an. Es war wiederum der vordere Schlauch der den Geist aufgegeben hatte und auch dieser wurde innert kürzester Zeit gewechselt. Es war kein Nagel und auch kein Dorn von irgendwelchen stachligen Büschen, sondern die Afi hat einfach "durchgeschlagen". Nach einem kurzen Abstecher zur Pont d’Arc in der Gorges de l’Ardèche machten wir in einem Restaurant Mittagshalt.

Auf Feuerwehr-Strassen in der ArdècheNach dieser kurzen Pause ging es weiter über unzählige Feldwege, durch einen Fluss, in welchem László seiner Afi eine Abkühlung gönnte, machten wir uns bereits wieder auf den Heimweg. Dort "erführen" wir selbst, in welchem Gelände sich die Afi noch bewegen lässt, denn neben Schlammpassagen waren auch Auffahrten angesagt, die sonst wohl keiner von uns freiwillig heraufgefahren wäre. Rolf Meister hat sich am Hinterrad einen schleichenden Platten eingefangen, doch hielt er des Tempo bis zur nächsten Tankstelle problemlos mit - da soll mal einer sagen es sei gefährlich mit zuwenig Luft zu fahren. Nachdem auch dieser Schlauch gewechselt war, machten wir uns nun definitiv auf den Heimweg. Doch auch hier zeigte sich, dass mit einem Desert und Luftdruck für’s Gelände auch auf sehr sandigen Teerstrassen ein ordentliches Tempo gefahren werden kann. Wie Schnell wir unterwegs waren zeigte sich erst im Hotel, kamen doch einige mit erst etlichen Minuten Verspätung an. Nach der Maschinenpflege, die sich bei uns auf’s Kettenspannen und -schmieren beschränkte, war wiederum die Personenpflege angesagt und ab an die Bar. Am Abend war dann die eigentliche Biker-Party angesagt, an der wir alle gemütlich zusammensassen, tranken und unsere Teilnahme-Urkunde sowie eine Flasche Wein entgegennehmen konnten.

Am Sonntag das gewohnte Bild, nach Streching und Frühstück ging’s nochmals für einen halben Tag ins Gelände. Dany Wirz liess es sich nicht nehmen, uns an diesem Tag zu übernehmen um uns "sein" Gelände ganz zu zeigen. So fuhren wir zuerst nochmals einige Runden auf der "grossen Enduro-Runde" und wiederum war es Thomi der die Hand hob - Plattfuss vorne zum Dritten. Doch fast gleichzeitig traf Philippe das gleiche Schicksal, leider besitzt seine Afi keinen Zentralständer, so mussten wir sie zum Reifenwechsel an einen Baum hängen. Nachdem alle Maschinen wieder in Ordnung waren, fuhren zurück zu "unserer" Cross-Piste. Diese war in der Zwischenzeit derart trocken und staubig, dass unsere Maschinen bereits beim leichtesten herausbeschleunigen aus den Kurven ausbrachen und so von uns die volle Aufmerksamkeit verlangten.
Viel zu schnell war auch dieser Halbtag zu Ende und wir mussten zurück auf’s Hotelgelände. Neben dem Packen und Räumen der Hotelzimmer machten wir unsere Afi’s wieder reisetauglich. Also Spiegel und Scheibe wieder anschrauben, das Topcase sowie die Soziusfussrasten montieren und den Luftdruck für die Autobahnfahrt auf ein normales Niveau erhöhen. Noch eine letzte Pizza zur Stärkung und die Verabschiedung konnte beginnen. Noch  Händeschütteln hier und ein paar Worten dort, und die Heimreise konnte beginnen. Auf der Autobahn ging es so schnell wie möglich zurück in die Schweiz und spätestens nach dem Halt in der Raststätte La Gruyère verlor man sich schnell aus den Augen und jeder war froh bald zuhause zu sein.

Zum Schluss sei noch gesagt, dass sich alle Teilnehmer über den lehrreichen Kurs freuten und im Africa Twin Club Schweiz kein böses Wort darüber gefallen ist, dass es in diesem Jahr halt einfach keine Auffahrts-Tour an den Gardasee oder sonst wohin gegeben hat. Auch wenn nur halb soviel Teilnehmer, wie an einem der Saisonhöhepunkte des Clubs sonst teilnehmen, den Kurs besuchten, war er für uns ein voller Erfolg und wir werden das OFFROAD-Training des Team Dany Wirz in bester Erinnerung behalten. Wer weiss, vielleicht organisieren wir in nächster Zeit ein zweites Training für "Schlachtschiffe". Bewiesen haben wir, dass man auch mit Grossenduros ins Gelände kann. Im Übrigen sind die ersten Anfragen bereits eingetroffen.

 

Text: Rolf Meister / László Koller

 

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