Deutsche Presse:

TOURENFAHRER 11/12 '98TOURENFAHRER 11/12 '98

Tourenfahrer 11/12 '98; Zusammenfassung des Original-Reiseberichtes von Conny Koller:

Club-Urlaub im Vorderen Orient 

Eine Türkei-Reise organisierte der Africa Twin Club Schweiz, unterstützt vom türkischen Honda-Importeur, für 15 seiner Mitglieder auf elf Enduros. Conny Koller beschreibt eine Reise, die voller Vorfreude auf Land, Leute und versteckte Schotterstrassen begann und viel zu schnell endete.

Welch ein Rummel: Autos, Camper und Lkws wälzen sich im Hafen von Izmir aus der Fähre, und mittendrin stehen wir und werden von Presse und Fernsehteams interviewt. Persönliche Kontakte und das Engagement des Africa Twin Clubs Schweiz haben für einen Empfang von Honda Turkey und Presse gesorgt, kaum das wir durch den Zoll sind.

Je weiter wir von Izmir wegkommen, desto grüner wird es. Unseren Weg säumen Gemüse- und Obstplantagen. An den Hängen der Hügel, wo eine Bewirtschaftung des Bodens wesentlich schwieriger ist, stehen Olivenbäume. Kinder an den Strassenrändern winken uns zu.

Zur Schrecksekunde kommt es in Assos, wo wir in der Dunkelheit eine Unterkunft suchen. Mitten auf einer dunklen Nebenstrasse stoppt uns eine mit Maschinengewehren bewaffnete Militärpatrouille und verlangt nach unseren Pässen. Zum Glück dürfen wir kurz darauf weiterfahren.

Im Fährhafen von Canakkale herrscht ein buntes Treiben, Händler bieten Parfüms, Brotringe, T-Shirts und ähnliches feil. Nach einer kurzen Überfahrt haben wir wieder europäische Erde unter unseren Rädern. In Kavakköy wollen wir zuerst einen kurzen Imbiss einnehmen. In einem kleinen Restaurant werden wir mit Tee, Brot, Käse und Hackfleischbällchen bewirtet. Das halbe Dorf läuft zusammen, um unsere Motorräder zu bestaunen. Auf einer unbefestigten breiten Küstenstrasse (ca. 20 km lang) geniessen wir dann die erste Schotterfahrt während unserer Türkeireise.

Erst spät und nach einigen Reifenpannen erreichen wir Istanbul. Zum Glück liegen unsere Hotelzimmer in einem so berühmten »Kasten«, dass uns schnell der Weg gewiesen werden kann. Wir haben fast Hemmungen, einen solchen Luxusschuppen in unserem Aufzug zu betreten.

Tags darauf besichtigen wir ein Werk von Honda Turkey - und wieder wartet die Presse auf uns. Die Führung ist recht interessant – wir können das Entstehen eines ganzen Motorrades verfolgen, leider keine Twin. Nach dem Mittagessen fahren wir in Begleitung der Honda-Leute zu einem Kinderheim in den Aussenbezirken der Stadt. Honda Schweiz sowie die Türkische Botschaft in der Schweiz hatten je 500 Franken gespendet. Unter Mithilfe von Honda wurde dieses Geld in Schulhefte, Bücher und Schreibmaterial umgesetzt, die wir direkt im Heim übergeben können. Es ist ein sehr schönes Gefühl, den vielen kurzgeschorenen Kindern eine Freude zu bereiten.

Kurz darauf befinden wir uns auf dem Weg nach Osten. Von Darica setzen wir mit der Fähre über nach Topçular. So sparen wir uns den Umweg um die ganze Bucht. Von Yalova geht's weiter an den See lznik Gölü; hier sind alle Nebenstrassen in sehr schlechtem Zustand, manchmal fehlen ganze Strassenstücke. Es ist schwierig, die Orientierung zu behalten, sobald man die gut beschilderten Hauptstrassen verlässt. Auch gutes Kartenmaterial reicht in dieser Gegend nicht aus. Die kleinen Dörfer haben keine Ortstafeln und sind auf vielen Karten nicht verzeichnet. Wir verlassen uns deshalb auf unsere Nase, auf das GPS und bringen viel Geduld und Zeit mit.

Pamukkale ist berühmt wegen seiner weissen Sinterterrassen. Leider hat der starke Tourismus den Terrassen sehr geschadet. Die Hotels in Pamukkale verbrauchen so viel Thermalwasser, dass es knapp wird. Einzelne Wandteile sind nun verschmutzt und unansehnlich. Um den noch vorhandenen Teil erhalten zu können, werden die Thermalwasser tageweise über verschiedene Wandteile geschwemmt.

Von Pamukkale fahren wir Richtung Denizli, halten uns dann aber östlich in Richtung Dinar und verlassen die Hauptstrasse bei Koyunaliler. Hier kennt man keine Teerstrassen mehr. Wenn wir in einem Dorf nach dem Weg fragen, werden wir immer wieder zur Hauptstrasse geschickt. Die Einheimischen können einfach nicht verstehen, dass wir schlechte Strassen fahren wollen.

Gleich hinter Cardak liegt der Salzsee Acigöl. Wir fahren den See entlang über eine sehr schöne Schotterstrasse in Richtung Gemis. Auf dem See können wir Pelikane beobachten, und die dunstschleier über dem Wasser vermitteln eine verträumte, sehr schöne Landschaft. Um verlorene Zeit wieder aufzuholen, geht es bei Dinar auf der Hauptstrasse weiter nach Isparta und dann nach Egridir, unserem Etappenziel. Am folgenden Tag fahren wir dann endgültig nach Süden ans Meer. Der Weg an der türkischen Ägäis entlang ist gespickt mit antiken Kulturstätten.

Olympos liegt zwischen Antalya und Kale direkt am Meer. Einige wollen noch in der Nacht das Geheimnis des feuerspeienden Ungeheuers Chimäre aus der »Ilias« von Homer lüften. Das Ungeheuer, das nach der Überlieferung aus einem Löwenkopf, dem Leib einer Ziege und dem Schwanz eines Drachens bestand, soll hier gelebt haben. In Wirklichkeit jedoch war es brennendes Erdgas, das aus Felsspalten strömt. Leute von Olympos bieten sich an, uns mit einem Traktor hinzufahren und uns dieses Naturphänomen zu zeigen.

Am folgenden Tag wollen wir in Kale bleiben. Ein Tag, an dem jeder unternehmen kann, auf was er gerade Lust hat. Endurofahren zum Beispiel. Die Gegend hier ist ein richtiges Eldorado für Schotterfans. Nirgends stehen Verbotstafeln, nirgends wird die Strasse gesperrt, man kann fahren, wohin man will.

In Fethiye sind unsere Zimmer schon reserviert. Bei einer grossen Kreuzung treffen wir auf unsere Freunde vom Honda-Importeur, wieder werden wir mit Polizeieskorte durch die Stadt geleitet. Obwohl die Badesaison schon vorbei ist, gibt es hier noch viele Touristen, die Basare laufen auf Hochbetrieb.

Nächstes Etappenziel ist Bodrum, eine Halbinsel mit vielen schönen Sandstränden, vielen Dörfern, aber mit zu wenig Wasser. Ephesos lockt mit riesigen, noch fast intakten Bauten aus alter Zeit, die in gleitendes Sonnenlicht getaucht sind. Ein atemberaubender Anblick. Die Zeit drängt, schneller als erwartet finden wir uns am Hafen von Izmir wieder. Der Zollhof ist schon geöffnet, die Rückreise kann beginnen.

updated.gif (1754 Byte) 24.02.01 - (László Koller)