Da unsere heutige Etappe nur etwa 150 km betrug, wollen wir diese weitgehend
auf Nebenstrassen und wenn möglich auf ungeteerten Strassen zurücklegen. Hier in der
Türkei war es schwierig die Orientierung zu behalten, sobald man die gut beschilderten
Hauptstrassen verliest. Auch gutes Kartenmaterial (1:500000 Kartographische Verlag
Reinhard Rybosch à offizielle Strassenkarte und wird auch
von der türkischen Armee verwendet) reichte in dieser Gegend nicht aus. Die kleinen
Dörfer hatten keine Ortstafeln und waren auf den meisten Karten auch nicht verzeichnet.
Wir verliessen uns deshalb auf unsere Nase, auf das GPS und brachten viel Geduld und Zeit
mit. Die Gegend hier war sehr schön. Die Hochebene war überall nur mit einzelnen
dunkelgrünen Kiefern bewachsen, der Boden wechselt farblich von braun bis beige, der
Himmel hatte ein tiefes blau. Viele Schluchten und kleine Täler unterbrachen die
Hochebene. Unsere Route führte uns in südlicher Richtung nach Demirören, Ulubey durch
ein kleines Waldstück nach Dumanli und weiter nach Çal auf einer bequemen Naturstrasse.
Ein Teil dieser Strasse dürfte erst vor kurzer Zeit mit der Raupe angelegt worden sein.
Die Abbruchstellen waren noch nicht bewachsen auch war die Strasse noch nicht ausgefahren.
Um 14.00 Uhr, als wir Pamukkale (übersetzt Baumwollschloss) erreichten, noch bevor wir
bei den ersten Häusern waren, wurden wir von jungen Türken angehalten, die uns
Übernachtungsangebote machten.
Die
billigsten Angebote lagen bei 500'000. Lire pro Person und Nacht. Also nur ca. ¼
von dem, was wir bisher bezahlen mussten. Diese Ortschaft ist berühmt wegen ihren weissen
Sinterterrassen. Das Dorf selbst war fast ausgestorben, aber am Hang der Terrassen und
oben auf dem Berg sah man hunderte von Touristen. Es waren fast ausschliesslich
Tagesausflügler vom Süden - Badegäste, die per Reisebus diese Sehenswürdigkeit ansehen
wollen. Die Sinterterrassen können von unten nur zu Fuss begangen werden oder man fährt
die Autostrasse hinauf und sieht sich dieses seltene Landschaftsbild von oben her an.
Leider hatte der starke Tourismusverkehr den Terrassen sehr geschadet. Die Hotels in
Pamukkale verbrauchten zu viel Thermalwasser, so dass zu wenig Wasser über die Terrassen
geschwemmt werden konnte. Einzelne Wandteile sind verschmutzt und unansehnlich. Um den
noch vorhandenen Teil erhalten zu können, werden die Thermalwasser tageweise über
verschiedene Wandteile geschwemmt. Es muss hier einmal wundervoll ausgesehen haben. Der
Eintritt für den Fussmarsch kostet 4'000'000. Lire und es ist ausdrücklich
verboten mit Schuhwerk den Weg zu begehen. Oben auf dem Bergkamm, hinter den Ruinen von
Hierapolis liegt das Thermalbad (Eintritt 7'500'000. Lire). Die Wassertemperatur
beträgt 35 °C und es soll eine heilende Wirkung für Augen und Nase haben. Also
eindeutig das richtige für uns Motorradfahrer. Am Abend organisierte uns Berna eine
Spezialität dieser Gegend. "Soute" sind sautierte Fleischwürfel (Lamm oder
Rind) mit Peperoni und Tomaten und anschliessend mit Käse überbacken, dazu wird Reis
serviert. Übrigens auffallend hier in der Türkei sind die vielen französischen Worte.
Viele haben sich in die türkische Sprache geschlichen z.B. Oto = Auto (franz.
lauto), Kuaför = Friseur (franz. coiffeur), Polis = Polizei (franz. Police).
An folgenden Tag wollten wir an die Seen von Egirdir. Wieder war
geplant einen Teil der Strecke auf Nebenstrassen zu fahren. László und David suchen
Koordinaten heraus, um sie im GPS einzugeben. Das Wetter liess uns nicht im Stich. Der
Himmel war azurblau, die Wälder, durch die wir fuhren hatten ein tiefes grün, die
darüberliegenden Hügel strahlten in einem goldigen gelb und dahinter leicht im Dunst das
Akdag-Gebirge mit Höhen bis 2300m über Meer - einfach herrlich. Von Pamukkale fuhren wir
Richtung Denizli, hielten uns dann aber östlich in Richtung Dinar und verliessen die
Hauptstrasse bei Koyunaliler. Hier kennt man keine Teerstrassen mehr. Der Weg führte
durch bewaldetes Gebiet. Die Strasse waren sehr weich, einzelne Strecken waren komplett
mit Tannennadeln bedeckt. Wir genossen den Duft des Waldes. Die Atmosphäre, die Stimmung
war unvergleichlich. Unsere gesetzten GPS-Punkte konnten wir nicht einhalten, da die Wege
nicht in diese Richtung führten, in die wir fahren wollten. Auch wenn wir in einem Dorf
nach dem Weg fragten, wurden wir immer wieder zur Hauptstrasse geschickt. Die
einheimischen Bewohner wollten einfach nicht verstehen, dass wir unbedingt schlechte
Strassen fahren wollten. Es muss in den letzten Tagen hier geregnet haben. Es hatte immer
wieder Pfützen und die Strasse ist an einzelne Stellen stark aufgeweicht. Wir fuhren als
Erste (László hatte das beste Kartenmaterial) und hielt gleich nach einer grösseren
Pfütze um ein paar gute Bilder zu schiessen. Berna fuhr als zweitletzte und ihr rutscht,
beim Versuch mitten durch die grösste Pfütze zu fahren, plötzlich das Motorrad weg.
Ich habe keine Ahnung, was wir für eine Zeit haben. In unserem Zimmer ist es immer noch stockdunkel. Doch nach meinem Gefühl muss es schon spät sein. Wir haben eine Innenkabine belegt, also keine Fenster. So taste ich nach meiner Taschenlampe und achte darauf im Bett nicht ganz aufzusitzen, ich habe mir den Kopf schon mehr als einmal gestossen. Schon wieder - es ist uns auch auf der Hinreise passiert - das Frühstück haben wir verpasst. Es ist bald 11.00 Uhr am Morgen. Ich schalte die Deckenbeleuchtung ein. So kommt bald leben in unsere Kammer. Nach einer erfrischenden Dusche (erst jetzt bin ich richtig wach) mache ich einen Schiffsrundgang. Die See ist etwas aufgewühlter, als auf der Hinreise. Es windet draussen stark. Im grossen Frühstückssaal stehen zwei Fernseher, irgend ein türkischer Kanal mit so viel Bildstörungen, dass auch nur wenige Türken ihre Aufmerksamkeit dem Fernseher schenken. Auf dem Heckdeck ist auch nicht allzuviel los. Der Pool ist in der Zwischenzeit mit Meerwasser gefüllt worden, doch er zieht nicht viele Schwimmlustige an. Kaum hat man sich auf der einen Seite abgestossen, stösst man sich auf der anderen Seite den Kopf an. An einem Tisch sitzen ein paar Reisegenossen und diskutieren mit Michael. Wir haben Michael schon auf der Herfahrt getroffen. Auch er war mit einem Motorrad unterwegs und wollte die Türkei auf zwei Rädern erkunden. Er kannte das Land schon von früheren Touren her. Und fährt oft alleine. Es hat uns gefreut ihn jetzt wieder zu treffen. Er konnte uns kurzweilige Erlebnisse schildern und erzählte uns von seinem Hotel in Deutschland und von seinen Enkelkindern.
Zum Glück haben wir uns in der Migros in Istanbul vor der Abreise noch mit Schokoladenriegeln und Obst eingedeckt. Ich habe einen riesigen Kohldampf, Mittagessen gibt es erst um 13.00 Uhr. In einem Windgeschützten Winkel auf dem Deck schreibe ich weiter an meinen Ferienerlebnissen.